| |
Potsblitzdam: Friedrich der Große ̶i̶̶s̶̶t̶ war Monsieur 20.000 Voltaire! »Wie von unsichtbaren Geistern gepeitscht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit unserer Schicksale leichtem Wagen durch, und uns bleibt nichts als, mutig gefaßt, die Zügel festzuhalten.« (Johann Wolfgang von Goethe)
Weiter, immer weiter! Über die Stadt in Deutschland, für die das Wort Hassliebe erfunden wurde, das völlig entmenschte Drecksloch Berlin, das manchmal ganz, ganz wunderbar, toll & inspirierend ist, ging es in die Hauptstadt Brandenburgs. Auf dem Weg zum Hotel, gegenüber des Biergartens von Sarah Wiener am Luisenplatz und nur zwei Gehminuten vom Park Sanssouci entfernt, die erste Enttäuschung: Das Potsdamer Brandenburger Tor ist eingerüstet. Keine ikonischen Fotos von etwas, das wirklich noch nie digital oder analog abgelichtet wurde. Auch wenn das Tor etwas kleiner ist als sein völlig überschätztes Berliner Pendant.
Nachdem wir also eingecheckt und unseren Begrüßungs-Apfelsaft (!) getrunken hatten, sofort einen Kampfspaziergang begonnen: in den Potsdamer Kaufhof, weil so jugendstilig, das "Russenviertel" Alexandrowa besucht, wurden vor dem Fuchs gewarnt und nicht vorm Bieber, sahen enorm viele Holz- und Backsteinbauten, katholische Gotteshäuser, Russisch-Orthodoxe, das Holländerviertel, liefen uns die Socken heiß im "Neuen Garten" – und erlagen seinem Charme. Denn:
Potsdam ist eben nicht nur Preußen-Disneyland, sondern auch eine Stadt mit viel, viel Wasser und: Monsieur 20.000 Voltaire & Spaß! Putten, Gold und tolle Gärten. Es regte durchaus zum Nachdenken über die (Zeit-)Geschichte an. Die Gebäude im Neuen Garten wären für sich alleine genommen einen viertägigen Aufenthalt wert gewesen!! Mindestens. Nicht nur die "skulpturalen Büsche" (schöner Bandname, oder?). Und einige Anwesen dort waren einfach zu traumhaft – nur für einen Konferenzbetrieb! ;-)) Am ersten Tag gingen wir sogar zu Fuß bis nach Berlin. Auf der Glienicker Brücke ereilte uns noch einmal ein kurzer Eiseshauch der Geschichte:
Hier war bis zum 10.11.1989 um 18.00 Uhr Ost und West geteilt. Auf der Glienicker Brücke wurden eben nicht nur Agenten ausgetauscht - es teilte in der Mitte der Brücke auch: Deutschland! Die Nike 89 von Wieland Förster erinnert daran. |
|
|
|
Sonstige Tradition?! Tja, die gab es nicht mehr. Sie haben die FH abgerissen, geschichtsvergessen und ahysterisch. Wenigstens ließen sie den Krajny Sejm Bramborska stehen. Nach fünf Stunden Kampferlebnisspaziergang durch Potsdam ging es über die Haupteinkaufsstraße zurück ins Hotel.
Als wir nach dem Frischmachen zum Abendessen ins "Pfeffer & Salz" aufbrachen, noch eine Kleinstdemo (etwa sechs Teilnehmer?) in der Nähe auf dem Luisenplatz wahrgenommen. Im Angebot: Das "Open Mike" Potsdam. Kurz darüber nachgedacht, "das offene Mikrofon" der Friedens-Mahnwache Potsdam zu "ergreifen". Aber ich wollte keine politische Erklärung abgeben, sondern nur etwas singen, Zeilen, die die ganze Zeit durch meinen Kopf schwirrten: "Märkische Heide, Märkischer Sand|: Sind des Märkers Freude, Sind sein Heimatland. :|" (Notiz: Die Audio-Anpassung an die Umgebung sollte zum Ende dieser Kolumne noch 1/3 "Büdchen des Friedens" auf den Frauenplan Plan rufen!!)
Beim Abendessen in einem gefälligen Straßenrestaurant versuchten grottoid untalentierte Menschen alles, um mir mein Abendessen musikalisch gezielt zu verderben: Ich gehe demnächst mal zu rattenschlechten Straßenmusikern und erbitte Geld von ihnen, um Schmerzensgeld für diesen Akustikterror zu bekommen!
Am nächsten Tag gab es zum Frühstück erst einmal Naschzipfel. Was wie ein obskurer Code klingt – ist dies nicht. Danach waren wir gestärkt für das pickepackevolle Sansssouci-Komplett-Programm!! Im Vorfeld hatten wir die Besichtigung von Schloss Sanssouci über dieses "Internet" bestellt; da ahnten wir noch nicht, dass der Einlass in Zehn-Minuten-Slots gewährt wird, Vollidioten die zwar erst in einer halben Stunde rein durften, dennoch schon davor rumlungerten und alles versperren; die Massenbesichtigung schiebt sich durch den ockerfarbenen Kasten wie eine wabernde Flut. Danach tat ich draußen noch etwas für die Völkerverständigung in Sansouci: "Ich war so fasziniert von Deinem Schwiegermuttercharme!" (So Frau Feynschliff, nachdem ich mit drei Mittsechzigerinnen aus Taiwan schäkerte, während ich sie wunschgemäß fotografierte ...) Das alles war nur der Auftakt zum kilometerlangen Rumgelatsche.
Frische Socken können – nach viereinhalb Stunden Gewaltmarsch durch den Park Sanssouci – echt Dein Freund sein. Dein GUTER Freund!! Happy Socks = Happy Feet! Es ist wirklich unfassbar, was der "Alte Fritz" (wann genau wurde eigentlich aus "Friedrich dem Großen" der "Alte Fritz"?) dort an Eyecandy hat versammeln & bauen lassen. Und sei es nur das gigantomanische "Neue Palais" mit den beiden "Dienerwohnungen" ;-) als mauergewordenes Denkmal für den Sieg im ersten "Weltkrieg", der sieben Jahre dauerte ...
Diese Laterne im Park Sanssouci wurde auch nicht für den traditionellen Lampenmittwoch eingeschaltet. Eine unglaubliche Ungeheuerlichkeit, Instagram von Seiten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg so wenig Bedeutung zuzumessen. Oder?!! In Sanssouci kurz die Anwendung Instagram bemüht, denn ich bin halt auch nur Einer von einer Milliarden.
Zwei schwule niederländische Juden (oder niederländischsprachige Israelis?) gingen Hand-in-Hand und einen Davidstern tragend, durch Sanssouci, turtelten miteinander, wechselten im Sprechen eines Satzes von Niederländisch auf Hebräisch - und umgekehrt. Die arme Frau Feynschliff wusste direkt, was passiert: Ich referierte darüber, dass das in Neukölln "schwierig" würde ... aber lassen wir das! Und weil wir nach der Orangerie den Kanal auch nach Stunden der Kultur-und-Sehenswürdigkeiten-Druckbetankung noch lange nicht voll hatten, gab es am späten Nachmittag noch eine Bootstour.
Schon in Weimar hatte ich mir überlegt ob ich eine dressierte Hornisse mit mir führe: Ich kam mir – seit ich nicht mehr rauche – vor wie ein wandelndes Insektenhotel mit der Spezialisierung Wespen. Ja, es gab dieses Jahr eine "Wespenplage", aber gefühlt hat sich ein Drittel der Gesamtmenge nur um mich gekümmert. Wie es mir gelang, einen Stich zu vermeiden, ist mir schier schleierhaft. Vielleicht, weil ich oft den Rat – das Axiom - von Georg Kötteritzsch beherrschte: "Vorher immer ernst in die Flasche reinschauen, ob keine Wespe drin ist." In Potsdam konnte ich also vor der Geschichte vermelden: Ich hatte deutlich mehr Glück als Henriette Reker, die ausgerechnet am Tag der Honigbiene von einer Wespe gestochen wurde! Wobei das Abrichten einer Hornisse so ins Auge gehen kann wie das Abkürzen der Bezeichnung.
Aber wenigstens an Bord des Schiffes mit dem wir eine Rundfahrt um Potsdam machten und unter anderem die Lieblingskirche von Frank Schirrmacher in Sacrow sahen, gab es keine Wespen. Dort ließ ich mich kurz geschäftlich ablichten. Andere Geschichte. Das Abendessen nahmen wir dann fast auf dem Radweg einer viel befahrenen Ausfallstraße in Potsdam ein - und es war sehr, sehr gut. Mein Gesumme Brandenburgischer Lieder wiederum rief Carlos auf den Plan:
"Jaja, der Heiko. Gestern noch Weimarer Weltbürger mit Residenz am Frauenplan, heute Brandenburger Urgestein und Kernpreuße. Und an der Ostsee wachsen ihm dann Kiemen." |
|
|
|
Vor der Fahrt in die Uckermark wurde von uns noch mal so richtig der Vitamin-Swag aufgedreht!! Und zwar auf 10!! Wer weiß denn schon, was wir in Prenzlau vitaminmäßig bekommen werden ...?!
"Werde ich dort Botho Strauß begegnen?", fragt sich nachdenklich Euer Schomberg.
|