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Das erste Mal im Waschsalon (Miniatur)
Heute erzähle ich Euch, wie ich gestern zum ersten Mal in meinem wunderbaren kleinen Waschsalon im "Szene- und Alternativviertel Neustadt" in der Louisenstraße war. Nachdem ich festgestellt habe, dass 14 Tage vor Ort in Dresden eine so lange Zeit ist, dass man es mit der normalen Trolley-Füllung (nicht mehr als 20 Kilo Gepäck!) nicht schaffen kann, ohne Hemden, Socken et al zweimal anzuziehen, suchte ich nach längerer Evaluierungsphase einen Waschsalon auf. Ich betrat ihn, mustere kurz die Insassen und lese dann aufmerksam die Gebrauchsanweisungen und Schilder. Nachdem ich glaubte, den Münzautomaten zur Gänze intellektuell durchdrungen zu haben, nahm ich meine Wäsche aus dem teuren Louis-Vuitton-Koffer (der eine Edeka-Tüte war) und gab Sie in die Waschmaschine No. 15. Diese erschien mir sehr gross und sie war übermässig warm... nach intensiver 30-sekündiger Recherche stellte ich vor der Geschichte fest, dass ich die Wäsche natürlich erst einmal in den Trockner getan hatte ;-)
Im Laden selbst sitzen ausser mir drei Leute auf weissen Gartenmöbeln; ein Dauermobiltelefonierer mit Architekturhintergrund, eine Alte Dame ("Tut mir leid, mit den Waschmaschinen kenne ich mich nicht aus, ich komme immer nur zum Trocknen her") und zwei flaschenbiertrinkende Jungs Anfang 20, der eine mit sorfgältig ausrasiertem Tekkno-Kunstvollbart und Buffalos. Dieser fragte - nachdem ich verlegen grinsend den Transfer vom Trockner in die W-Maschine mit den Worten "Tja, das ist mein erstes Mal im Waschsalon!" erklärte - ob er mir helfen könne: "Du machst Dir keine Vorstellung, wie ich die ersten Male hier herummutiert bin und keine Checkung hatte". Ich denke mir: Doch, kann ich mir sehr gut vorstellen, ich kenn' mich ja selbst.
Nachdem ich also die Waschmaschine identifizierte und meine Wäsche in sie gab, verschloss ich diese und bezahlte. Wählte also die richtige Maschinennummer (2,50,--), zapfte mein Waschpulver ab (0,20,--) und füllte dieses ein. Beim Versuch den Startknopf zu drücken, dann gescheitert. Nehme das Angebot des Tekknobierlümmels an, gehe zu ihm, sage bernddasbrotesk "Mist! Meinste' Du kannst mir mal helfen?" "Na klar!" Wir gehen zur Waschmaschine No. 8, er verschliesst die Klappe richtig (Erde, tu' Dich sofort auf!), ich bedanke mich und setzte per erneutem Drücken des Startknopfes den 45-minütigen Reinigungsprozeß in Gang. Nach 14 Tagen en bloc in Dresden, geht selbst dem Hemden ökonomisch tragenden Menschen die Wäsche aus - von den löchrigen und Al Bundy zur Ehre gereichenden Socken garnicht zu sprechen. Also musste ich mich auf dieses unbekannte Terrain bewegen! Und samt Assist durch Tekknomann klappte es auch.
Die beiden Jungs trinken Bier, ich wollte auch schon immer mal in einem Waschsalon eines "stylishen Szeneviertels" (mea culpa für den Ausdruck!) Flaschenbier trinken; ich frage die beiden:
"He Jungs, wo habt Ihr denn die Schoppen her?"
"Die was?"
"Ähm, die Biere."
"Ach so, nü, die sind aussem' Plus um die Ecke!"
"Alles klar!" (Entschlossen tigere ich raus und gehe los).
Als ich circa 50 Meter weg bin, tritt der sorgfältig Rasierte auf die Straße und ruft "Hey Junge, warte, wir haben noch zwei Radeberger, die kannste' haben!"
Ich schlendere zurück, sage "Cool, was bekommt ihr dafür?"
"Nüscht. Unsere Wäsche ist gleich fertig und wir sind froh, wenn wir die Plus-Tüte los sind!" Er besticht durch eine urbane Lebensfreude, der Dresdner!
"Vielen Dank für das Bier Jungs, schönen Abend noch."
Nachdem sie den szenisch dichten Waschsalon verließen, war ich auf mich allein gestellt; durch intensive Befragung des Dauertelefonieres in den Gesprächspausen gelang es mir, die wirkliche (=informelle) Funktionsweise des Trockners herauszupräperieren, so das ich ihn lässig bedienen konnte. Und, man glaubt es kaum, die angegeben 10 Minuten (0,50,--) reichten für den Zustand der Schranktrockenheit! Die Geschichte des Mexikaners, der dann durch eine nichtgeschlossenene Waschmaschinenklappe beinahe den halben Waschsalon überflutete, erzählt ich Euch ein anderes Mal. Vielleicht 2008. Wie hies es in einer Leser-eMail aus dem Zentrum alternativer Geistestwelt (ZAG): "Du solltest dich neuen Eindrücken gegenüber prinzipiell verschließen, re: Waschsalon! Könnte Kolumnenmaterial für 2008 sein! Deine Fliegerkolumne war Scheiße. Sorry. (...) Frag mich grad, was der Böhme aus Mähren daraus gemacht hätte: 'Gestern zum ersten Mal im Waschsalon gewesen - viele Knöpfe. Werde bizarre Kurzgeschichte verfassen. Arbeitstitel: Odradek.'" Das mag sein. Doch ich sympathisiere mit Bernd, nicht Max das Brot!
Guddi, so, ich mach' jetz' mal los, es grüsst Euch Euer Schomberg, der relocatete Wochenendwindberger!
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