Begegnungen und Gedanken im ICE... (IV)Mannoman, begebe ich mich mit dieser Ausgabe in Teufels Küche? Werde ich auch abgemahnt? Bin ich dann sofort im Fokus von Mehdorns Mannen Grubes Genossen? Ich muss es einfach riskieren, denn diese Ausgabe wurde schon im späten Spätherbst '08 begonnen und wenn ich hier nicht weitermache, knüpfe ich gar nicht mehr an die langweilige und redundante Reihe "ICE-Gedanken" an. Außerdem: Es war eigentlich eine schöne Zeit mit Herrn Mehdorn und wir Korporierte müssen doch zusammenhalten. ;-)
Machen wir uns bitte nichts vor, meine Damen, meine Herren: Konzeptkolumnen sind blöde, artifiziell, heute geht es eben nur um thematisch eingegrenzte Inhalte. Im verspäteten ICE Wolfgang Graf Berghe von Trips entschied ich mich zur Niederschrift des Erlebnisses mit "An Cafe". Wie fragte Frau Feyschliff damals so treffend: "Reicht das denn für eine Ausgabe?" "Weiß nicht, wenn nicht, erfind‘ ich was. Wie immer!". Es reichte. Wie immer. Doch wenn man sich via DB im öffentlichen Raum bewegt, ist Phantasie nicht für zwei Cent gefragt, da reicht es, die Erlebnisse nur festzuhalten….
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... oder ich lasse mir Geschehnisse per e-mail von einem Exkollegen & Leser mit dem Titel "Gastkommentar" zusenden: "Es begab sich an einem Montag im ICE Hademar Bankhofer von Kölle nach München.
Kurz hinter Frankfurt Hauptbahnhof wurde uns via Lautsprecherdurchsage mitgeteilt, dass aufgrund einer Entgleisung im Großraum Aschaffenburg (bis dato war mir neu, dass dort überhaupt Gleise verlegt wurden) eine Umleitung unseres ICEs nötig sei. Da ich bis zu diesem Tag noch nicht einmal OHNE Verspätung nach München gefahren war, war ich auch nur mittelmäßig verärgert. Dann aber rettete der Zugverantwortliche DB-Mitarbeiter die Situation mit einem Feuerwerk an Durchsagen – so sensationell wie dilletantisch:
1. 'Unser Zug hat Verspätung, ca. 60 Minuten, wir entschuldigen uns, etc. bla bla.'
2. 'Der zuständige Mitarbeiter, der die Befragung durchführt, bitte umgehend ins Dienstabteil.'
3. 'Neue Infos zu Verspätung, neue Anschlussmöglichkeiten, etc. bla bla.'
DANN - im Anschluss an diese Durchsage - wurde das Mikro nicht geschlossen und der die Befragung durchführende Mitarbeiter war offensichtlich eingetroffen: 'Ich möchte, dass Du die Befragung in Wagen 21 sofort abbrichst. Da gibt es gerade eine Beschwerde. So macht das keinen Sinn….'
Ohne Worte, der Jubel im Großraumwagen war aber sensationell… Genau wie das spontane Skandideren der von der Verspätung Betroffenen: 'Ihr macht Euch lächerlich, Ihr macht Euch lächerlich, Ihr macht, Ihr macht, Ihr macht Euch lächerlich!'" Wie hieß es Ende letzten Jahres so schön in der FAZ: "Zwangsdauerbeschallung mit Nichtigkeiten. Das ewige Begrüßt- und Verabschiedetwerden, das dauernde Wünschen einer angenehmen Fahrt wirkt nicht mehr höflich - es zermürbt."
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Durchsage im ICE Heimito von Doderer: "Mein Name ist Holm Wickel. Ich bin ihr Zugchef. In der ersten Klasse betäubt sie heute Frau Wiedmann." War es ein Versprecher? War es Humor? Und wie heißt der Bruder des Zugchefs? "Waden"? "Kraut?"
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Sitze im ICE Fontanestadt Neuruppin. Der Name ist nicht ausgedacht. Wann kommen die Sachthemen-ICEs wie ICE Rentenanpassung, ICE Lehmann-Opfer, ICE Bankenschirm & ICE Kinderfreibetrag?
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Auf der Rückfahrt im ICE Felix Magath sind wieder mal unfassbare Sozialautisten unterwegs; eine Dame Mitte dreißig ist nicht bereit, einen reservierten Sitzplatz, auf dem sie ihr Gepäck lagert, für die Reservierungsinhaberin freizugeben. Meinungsstark das Ding abmoderiert. Der Grund wie immer: Im ganzen Zug leuchtet das „Ggf. reviert – bitte freigeben“, und dann die Durchsage, dass die Diskette mit den Reservierungen mal wieder nicht rechtzeitig übertragen wurde. Ich stelle mir kurz vor, wie morgens ein Pferdekurier von Frankfurt/Main aus startend, durch das ganze Land reitet und die Reservierungen auf der fünfeinviertel Zoll Floppy-Disc austrägt...
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Im ICE Sven Drühl kam mir ein diabolischer Plan: Ab sofort jeden Tag Bettel-e-mails an Tocotronic schreiben und sie dazu bewegen, dass sie am 34. Spieltag im Borussia-Park aufspielen & 40.000 Kehlen singen: ROLF KÖNIGS, DU HAST MEIN LEBEN ZERSTÖRT!! Und darüber teile ich mich dann in analogen Tweets mit, per sogenannter "Postkarten". Gespenstisch.
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So sitze ich also im ICE Heinrich Lübke auf dem Weg von Köln nach Frankfurt / Main und versuche den Faden nicht zu verlieren. Nachdem mir zu Ohren kam, dass nun der 2. Teil von "Senk ju vor träwelling" rauskam, schrieb mir mein Co-Autor Tostao: "Der Text ist sowas von unkomisch. Wir sind besser, habens aber trotzdem vergeigt. Bei der nächsten guten Idee musst Du als Antreiber fungieren. Gnadenlos Deadlines einhalten und dann ab zum Verleger damit.".. Naja, erst mal 'ne Kolumne füllen. Und noch an der Bewerbung als Oberkommisar für Köln feilen. Danach noch gedankenverloren in der FAZ, "Beruf & Chance" vom 04. Mai 2009 geblättert...
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... und ausgerechnet im ICE Raimund Aumann lese ich auf der BleiBeere die Resonanz auf den obigen Artikel: "Heiko, gerade den Artikel mit dem Bahngequatsche aussem Briefkasten gefischt, den ich heute morgen verlinkt habe. Dieser Vorgang ist bezeichnend für unser Versagen." Ergo: Die Ausgabe "Begegnungen und Gedanken im ICE... (V)" wird es nicht geben, sondern nur das Multimillioneneurogewitter "Hartkernbahnfahrer". Weil man mit guten Ideen einfach mal Geld verdienen muss! Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise...
Euch eine schöne Woche, der ICE Rolf Königs* hat mein Herz hart gemacht... Euer Schomberg.
*...der heute zwischen Frankfurt/Main und Göttingen eingesetzt wird... :-))
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