Ein schonungsloser Tatsachenbericht von Thomas E. Grütze. 18.03.2004 Hahn im Hunsrück / London (UK) Frohen Mutes und optimistisch trinke ich in der Zeppelins-Bar des Hahn International Airport einen Kaffee und warte auf mein Boarding. In meinem Portemonnaie befindet sich ein Einzahlungsformular für Euro der Deutschen Bundesbank. Auf seiner Rückseite steht eine Notiz: "T-Shirt, XXL, Millwall FC, Schombe". Ansonsten ist das Formular leer. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß (ich war ja noch nie in London), es könnte genau so gut darauf stehen: Ich esse Kinder! Na ja, aber der Reihe nach. Also, das Boarding für meinen Urlaubsflug nach London beginnt pünktlich. Der Zoll kontrolliert mich nicht. (Sie haben den Zettel nicht gefunden!) In London finde ich auch mein Hotel sehr schnell, das heißt: Der Nachmittag gehört mir. Also volle Dröhnung London: Rein ins Pub, Bier, Fish and Chips; ab zum Buckingham Palace, wieder ins Pub, Bombendrohung - raus aus dem Pub, nächster Pub, viel Stout, Lager und Ale, rein ins Bett - Gute Nacht! 19.03. bis 22.03.2004 London (Beschreibung einer ergebnislosen (?) Suche) Früh. Stadtrundfahrt. Siebenundzwanzigste Station: "HARRODS" - was es hier nicht gibt, gibt es einfach nicht! Mein Zettel im Portemonnaie glüht! Also: Hop off! Rein ins berühmteste Kaufhaus der Welt (zumindest seit sein Erbe mit Lady Di...)! Es ist einfach toll. Soviel Kultur gibt´s in unseren Kaufhäusern nicht. Ein wahrer Tempel des Konsums! Wen wundert´s dass alles etwas ägyptisch angehaucht ist? Die Sportabteilung ist ganz oben. Leicht zu finden! Sie erstreckt sich über mehrere fussballfeldgrosse Räume. Ich steuere natürlich direkt zum Saal mit der Aufschrift "Team Sports". Bingo! Es ist eine einzige Huldigung an den Welt-Fußball. T-Shirts von Inter Mailand hängen neben Mönchengladbachern (Anm. 1) und ein Regal weiter die gesamte Nord-Koreanische B-Liga! (Anm. 2). Ein Schlaraffenland für Fußballfans. Ich finde nach längerer Suche auch einen Verkäufer: ein distinguierter junger Mann, offensichtlich Mitglied der Hocharistokratie. Also: Ran an den Mann! "Do you have official Shirts of all english Football-Clubs?" - "Of cause Sir (damit meint er mich!!!) we have!" Ich zeige ihm mein Bundesbank-Formular. Er schaut mich fragend an. Klar! Ich drehe es herum und da steht es: "Millwall FC". Schrecken und Abscheu wechseln sich in seinem Gesicht ab. Mein aristokratischer Freund ist einem Nervenzusammenbruch verdächtig nahe. Er hyperventiliert. "Sorry Sir (damit meint er wieder mich), I´m afraid, we, ahem..., how could I,...?" Was habe ich getan? Der Verkäufer ringt sichtlich um Fassung. Ich erkläre ihm, dass das Shirt für einen Freund in Deutschland sei. Das beruhigt ihn ein wenig. Na also: Den Touristen raushängen lassen! Mein neuer aristokratischer Freund entschuldigt sich jetzt erst einmal blumig. So etwas hat das alt-ehrwürdige HARRODS leider nicht. Aber am Piccadilly Circus könne es solch ein T-Shirt geben. Na Also!! Die haben doch nicht alles! Der Rest des Tages ist klar: Pubs, Bier und Bier! Am nächsten Tag: Stadtrundfahrt. Hop off am Piccadilly Circus . Hier gibt es das größte Sportgeschäft der Welt! Ergo: Es muss hier Millwall-T-Shirts geben! Denkste! Ich gehe hinein. Im Erdgeschoss finde ich alles, was sich schlecht verkauft: Die Sonderangebote! Ein kurzer Blick auf eine Tafel neben dem Aufzug: Aha, Team Sport: 2. Etage! Ein kurzer Blick auf eine Tafel direkt am Aufzug: Aha, ich muss laufen! Na ja, man ist ja nur einmal hier. Also suche ich das Treppenhaus und trabe aufwärts. Endlich erreiche ich die Etage meiner Begehrlichkeiten und schaue mich um: Arsenal London, wohin man auch schaut und eine Unzahl an Rugby-Devotionalien, mit denen ich gar nichts anfangen kann. Also: Verkäufer fragen! Tja, da müsste man erstmal einen finden! Nach zwanzig Minuten Suche werde ich belohnt, nicht mit dem T-Shirt, aber mit einem Verkäufer. Also die auswendig gelernte Frage; diesmal gleich mit der Bemerkung, dass es für einen Freund aus Deutschland ist. Mitleid und Abscheu stehen dem jungen Mann geradezu ins Gesicht geschrieben. Natürlich haben sie so etwas gar nicht. Aber es gab immerhin schon drei Nachfragen in diesem Jahr. Vielleicht, dass man nächstes Jahr ...? Na ja gern, aber nicht ich! Allmählich dämmert mir, dass "Millwall FC" (Anm. 3) nicht gerade populär ist, man könnte schon fast von verpönt sprechen! Also: Pub, Bier und Bier; Gute Nacht! Am nächsten Tag unternehme ich nur noch zaghafte Versuche bei offensichtlich aus den Kolonien stammenden Souvenirhändlern. Ergebnis: NULL (Zero!)! Sonntagabend im Pub: Nach mehreren Guinness (Ja ich weiß!) komme ich mit meinem Nachbarn an der Bar ins Gespräch. Im Gegensatz zu vielen Amerikanern weiß er, wo Deutschland liegt und kann sogar einige Brocken Deutsch. Aus seiner Jackentasche zaubert er eine CD mit der Bitte, ich möge einige Texte seiner Lieblingsband ins Englische übersetzen. Nachdem er sie mir gegeben hat, ist mein Erstaunen groß: Es handelt sich um "Rammstein"! Wer die Texte kennt, weiß, was es heisst diese ins Englische zu übersetzen! Aber: Wer "Rammstein" liebt, der kann mir helfen, ein "Millwall"-Shirt zu finden! Meine Bitte kann er sofort erfüllen. In der Carnaby-Street gibt´s "The World of Soccer"! Die haben alles! Na ja, den Spruch kenn´ ich schon! Ergo bibamus! Gute Nacht! Am letzten Tag geht mein Flug erst sehr spät. Das bedeutet, ich kann noch zur Carnaby-Street fahren. Schließlich will ich meinen Leibenkel nicht enttäuschen. Er hat mich mit einer heiligen Mission betraut. Genau genommen: Ich bin im Auftrag des Herrn unterwegs! Also die "Ray Ban - Wayfarer" aufgesetzt und los! "The World of Soccer" ist leicht zu finden. Millwall-Shirts leider nicht. Ich frage daher die studentische Aushilfe an der Kasse. (Alles immer noch in Pfund, keine Euro!) Doch diesmal bekomme ich endlich die erschöpfende Antwort! Millwall-Shirts haben sie auch nicht. Das lohnt sich nicht für zweihundert Fans, von denen einhundertfünfzig ständig im Knast sitzen. (Anm. 4) Millwall ist dafür berühmt, dass die Fans jegliches Ergebnis des Spiels unmittelbar danach korrigieren; und zwar mit Schlagringen, Ketten von Harleys, Baseball-Schlägern (die angeblich beim Fußball verboten sind) und anderen lustigen Dingen. Sie spielen in der Prisoners-Division! Danke Heiko! Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Nein Kein Pub, kein Bier, sondern Ryanair nach Hahn. Dann mit dem Auto nach Dietzenbach, dem deutschen Millwall! |