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In der Motivgarage: Halbfinale gegen die Türkei



Hmmh, zumindest bei einem Teil des Tableaus - dem linken - lag ich nicht ganz so falsch, die Gründung der retro-innovativen Unterhaltungskapelle [restaurativer metafußball '82] werde ich noch einen Augenblick zurückstellen.




"Der Blick des Statisten auf die Doppelbeflaggung [...] ergibt ein klares Bild. Die deutsch-österreichische Kombination war fast* nie zu sehen, deutsch-niederländisch auch nicht. Deutsch-polnisch gelegentlich, deutsch-kroatisch auch. Die absolute Mehrheit jedoch entfällt auf die deutsch-türkische Variante, nicht nur bei Taxis und Döner-Lieferanten. Es ist ein Wille zum Miteinander spürbar, der sich von der sperrigen politischen Debatte längst entkoppelt hat." (Hajo Schumacher)


„Deutsche Tugenden haben wir immer noch am besten“ - so spielte er [Günter Netzer, HS] den Ball rhetorisch an Gerhard Delling vorbei und knallte ihn dann mit irrem Blick ins Tor: „Dafür fürchtet man uns, und damit verbreiten wir Angst und Schrecken.“ Das Abseitsfähnchen war da längst oben. [Quelle]

 

Verdammt, jetzt sitze ich in der Falle: Da ich ja, was Fußball angeht, recht abergläubig bin, muss ich weitermachen mit diesen "EM-Kolumnen", die am Spieltag eingestellt werden, denn dann kommen wir weiter und außerdem wäre es an nach zwölf Jahren an der Zeit, mal wieder Europameister zu werden. So lange das Sommermärchen 2.0 weitergeht, so lange schreibe ich fort. Das Viertelfinale war nicht der Briegelgedenkfußball, wie ich ihn mir "wünschte" (Ergenisorientiert: Schön spielen = völlig überschätzt, weiterkommen = wichtig) und jetzt habe ich den Salat: Sie kommen weiter und spielen auch noch attraktiv. Das ist mir egal: Halbfinale ist schön! Die Leistung von Schweino war richtig geili. Danke, Frau Merkel, dass Sie Herrn Schweinsteiger so gut auf das Spiel gegen Portugal einstellten! Und am Freitagabend in Berlin wurde dann auch der Gegner ausgewürfelt. Am Donnerstagabend habe ich noch gehofft, dass es in Basel zu regnen beginnt, dass "dem Fritz sein Wetter" kommt. Aber dank Schweini, Poldi, Lahmi und Balli brauchten wir das ja nicht.

 

Puuh, das Spiel gegen Portugal war aber auch nichts für Sissies, ich habe, weil ich so hibbelig war gekocht, um mich abzulenken und dann mit Frau Feynschliff geguckt - pablik fjuing ist keine Alternative und am nächsten Tag klingelte der Wecker um 05.30 Uhr, weil ich nach Berlin musste. Die letzten sieben Minuten des Spiels - nach dem 2:3 - schaute ich deutlich angespannt und katatonisch auf den Bildschirm, war kaum ansprechbar und führte angstvoll Kölsch in medizinisch kleinen Schlücken zu. Frau Feynschliff wollte mich beruhigen, "Das gewinnen die, die schaffen das schon!", "Nein, ich bin Gladbachfan, wir kriegen auf jeden Fall noch einen rein." Eingedenk der türkischen Last-minute-Tore wird das am Mittwoch ja auch wieder die Hölle. Ich hoffe sehr, das man frühzeitig so viele Buden macht, dass mein Nervenkostüm geschont wird. Bitte! Zwei Stunden vor Spielbeginn ein sehr schlechtes Gefühl gehabt, obwohl ich überall Optimismus verbreitete, sehr rückwärtsgewandt unterwegs gewesen, Gedankenblitze angesichts des Eventpublikum rund um Deutz wie "Wir mussten uns unsere Alcopops noch selber mixen (z.B den 'Maracuja-Korn' aka 'Turmgeist' im 'Dicken Turm', MG, 1986 - '88), selbst das bekommen die Girlandenmenschen heutzutage abgenommen! Selbst das. Und Playmobilfiguren mit beweglichen Händen haben sie auch. Diese Modernisierungsgewinnler. Wir hatten das nicht. Wir hatten ja nichts. Aber wir hatten die Deutsche Nationalmannschaft 1980 - 1990. Das hatten WIR Alten Säcke!

 

Wagner erklärt weiter die EURO-Welt:

 

"Liebe EM-TV-Reporter,": "„[…] Waldemar Hartmann. Er war einmal ein großartiger Reporter, er hatte den Rasen auf der Zunge. Heute ist er eine Weißwurst geworden." [Text]

"Liebes Schwarz-Rot-Gold,": "Die ARD ist dumm. Die ARD weiß nichts über Schwarz-Rot-Gold." [Text]

"Liebe Türken,": "meine deutsch-türkische Freundschaft geht leider nicht so weit, Euch für das Halbfinale Glück zu wünschen. In Sachen Fußball bin ich humorlos wie Netzer." [Text]

"Lieber Fußball,": "Wir werden nach der EM einen Schock erleiden [...] Wir werden keine Familie mehr sein, keine Bindung haben, nicht mehr mit dem Tankwart sprechen, dem Fremden im Zug, der Kundin vor der Aldi-Kasse." [Text]

 

Wagner: Einer von Euch unter Euch mit Euch.

Die Schweizer, sonst der perfekte Gastgeber, sorgten bei einem Spiel für eine Verstimmung; bei der BBC hätte man Boshaftigkeit vermutet oder aber "britischen Humor", aber die neutrale + perfekte Schweiz? Naja, Dummheit macht bekanntermaßen nicht an Ländergrenzen halt: Bei Österreich - Bundesrepublik hatte das unterbezahlte Medienpraktikantenprekariat wieder zugeschlagen und die erste Strophe des Deutschlandliedes untertitelt. In SPON stand: Im Sender gibt man sich kleinlaut: "Das war ein unverzeihlicher Fehler", sagte Gion Linder, zuständiger Koordinator bei Swiss Text, der Tageszeitung "Blick". "Wir entschuldigen uns in aller Form dafür." Den Fehler hätten zwei junge Kollegen gemacht, die schlecht recherchiert und den falschen Text aus dem Internet kopiert hätten. Mit den beiden habe man das Gespräch gesucht, "damit solche Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommen".

 

Ich kann mir das "Du-Du-Du!"-Meeting gut vorstellen, der Sendeleiter zu den beiden "Praktis": "Wir nehmen Euch die Bionade, das weiße MacBook und die alberne Sonnebrille weg, wenn so etwas noch mal passiert!!! Und die Adidas-Samba-Schuhe müsst Ihr auch abgeben." Das Ganze erinnert mich an die Lieblings-Anekdote eines Fußballfreundes aus Wetzlar: Als Klaus Barbie gestorben war, sollte eine Praktikantin oder Jungredakteurin den Nachruf für den HR verfassen. Er begann mit den Worten: "Millionen Kinder auf der ganzen Welt müssen jetzt ganz tapfer sein, der Erfinder der Barbiepuppe ist heute gestorben... " (oder so ähnlich). Muß ich noch mal eruieren. Er wurde jedoch nie gesendet. Im Gegensatz zur höchst kreativen Deutschlandfahne in der ARD ;-)

 

Auf dem freitäglichen Flug nach Berlin festgestellt, dass es in der Wochentags-FAZ keinen STRIZZ-Comic mehr gibt, sondern er durch "Ein Berliner in New York" ersetzt wurde. Ein Pfund Bücher (halb/halb) in meinem Berliner Lieblingsantiquariat am Konrad-Adenauer-Platz gekauft; wie immer habe ich den Antiquar mit meiner Bitte nach einer Tüte überfordert. Während ich also in Tegel meine Beute sichten will, erreichte mich elektronisch ein erster Erlebnisbericht aus Kalk eines Künstlerfreundes:

 

 

 

Die Türkei gewinnt in den letzten Sekunden ein tooootal langweiliges und nur für genetzerte Fußballstrategen aufregendes Spiel. Mit Freunden raus auf die Kalker Hauptstraße, die als solche nicht mehr zu erkennen ist, alles in Rot getaucht, hunderte in Fahnen gehüllte Türken, die die Nacht zum Tag machen, Feuerwerk, Hupen, tanzen.... WAAAAAHNSINN!!!!!!!! Und dann, mitten durch die Menge bahnt sich ein türkischer LKW den Weg, die Menschen klettern am LKW hoch, befestigen türkische Fahnen an den Scheibenwischern, der Fahrer hupt wie bekloppt im Rhythmus und ganz, ganz oben im Fahrerhaus der Sohn des Fahrers - und er straaaahlt, ist soooooo stolz auf seine fußballspielenden Landsleute und auf seinen Vater, der seinen LKW mitten in der Menge tanzen lässt.

 

Wenn ich nochmal auf die Welt komme, dann als türkischer Sohn eines LKW-Fahrers nach einem türkischen Sieg in einer lauen Sommernacht mitten in Köln-Kalk.

 

DAS UND GENAU DAS LIEBE ICH AM FUSSBALL!!!

 

 

 

 

So leid es mir tut, Corpsbruder Sen, da ist mir das fußballerische Hemd näher als die corpsbrüderliche Hose: Am Mittwochabend ist der EM-Traum für Dich zu Ende. ;-)) Ich muss in Kalk auch einfach mal wieder in Ruhe schlafen & will mich in Kalk über die betrunkenen Girlandenmenschen aufregen können, nach dem 4:1, nicht über Gehupe bis 04.00 Uhr! Oder um es mit einem türkischen Sprichwort zu sagen: "Die Heuschrecke hüpft einmal, zweimal - aber dann ist Schluss". Erwarte einen klaren Sieg, denn: Für das Nichtbedienen meiner Erwartungshaltung gibt es Borussia Mönchengladbach - nicht die Deutsche Nationalmannschaft!

Ich hoffe auf jeden Fall, das Halbfinale wird in Kalk nicht so meinungsstark nachbereitet wie das Viertelfinale Kroatien-Türkei in Wien-Ottakring. Ich hoffe sehr, aus großem Eigeninteresse, dass es heute vor, während, nach dem Spiel sehr ruhig bleibt, obwohl man von einer Urlaubssperre für die Polizei hört, denn "[...] die Sprache des Sports ist international, nicht moslemisch, oder christlich, sondern universell. Intrinsisch motiviert können beide Mannschaften und ihre Fans in diesem Halbfinale Geschichte schreiben, Integrationsgeschichte. [...] In vielen Städten, vor allem in Berlin [und Köln!, HS], ist es ein innerdeutsches Duell. Es geht dabei vor allem um Miteinander und Sportsgeist, meint Hajo Schumacher." [Quelle] Während wir alle Mann an Bord haben, kann es sein, dass auf türkischer Seite der dritte Torhüter den Feldspieler gibt. Vielleicht sollten wir für das Spiel Gomez in Österreichverfassung an die Türkei ausleihen? Ich hatte schon dümmere Ideen.

 

Aus zwei Gründen wäre ein Finale gegen Spanien toll: Erstens - die haben Italia, Sohn des Sauron aufgehalten und damit den deutschen Angstgegner Italien weggeräumt, die uns in der Verlängerung des Finales in der 118. Minute wieder 'ne Bude eingeschenkt hätten. Vermutlich Toni, mit seinem einzigen Turniertreffer und die Wirrköpfe von ARDZDFRTLSATeins hätten wieder irgendetwas von "Geschichten, die nur der Fußball schreibt" gefaselt. Die fußballerische Bestie ist aufgehalten. Wer außer Türken/Russen/Spaniern soll uns jetzt noch schlagen ;-) Und mir ist eine Nummer erspart worden, zu der ich bereit war: An den Bodensee fahren, die Iris aus dem "Auge von Bregenz" schneiden und im Trevi-Brunnen zu Rom versenken. Das Teilauge von Bregenz kann die römische Denkmalbehörde behalten: "Stimmt so, Jungs!" Wir mussten SIE aufhalten. Spätestens am 29.06.2008 hätten sie uns eh wieder geschlagen. Weil sie es können. Zweitens und diese Sache spricht besonders für ein Finale gegen Spanien: Ich könnte einen tollen Titel für die sonntägliche Ausgabe verwenden: Tapa ante portas! Und schreibe diese Worte illegalerweise mit der BleiBeere im Flugzeug, ich durchgeknallter Desperado!! Aber erst mal heute Abend weiterkommen.

 

Auf dem Geschäftstreffen in Berlin das Privileg gehabt, einem großartigen Referenten lauschen zu können, der mit recht unbequemen Thesen den 1.300 Kollegen im Maritim einheizte: Prof. Dr. Gunter Dueck. Auch sein Internetauftritt www.omnisophie.com verlangt eine Tiefenrecherche. Alles nach der Europameisterschaft, denn jetzt ist Fußball.

 

Ich hoffe, das EM-Tagebuch durch die Hintertür geht weiter, sorry Rüstem, Euer Schomberg.

 

 

 

* Wie so oft gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel... *bg*