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"Auch Carazza ist molekulare Küche!"
"Wir erreichen den Bahnhof Frankfurt-Flughafen etwas zu zeitig - ich bitte dies zu entschuldigen!!"
Als Vielbahnfahrer ist man ja einiges gewohnt, aber obige Ansage hat mich dann doch tief berührt, während ich Teile dieser Ausgabe ins Laptop hacke. Eine Entschuldigung der Marke "Wir sind zu früh - tut uns leid" entschuldigt die vielen Bizarroausreden, die meines Erachtens randommäßig ermittelt werden, so à la "Oh, wir hatten lange nicht mehr 'spielende Kinder im Gleis', hubsi, dann nehmen wir doch das!". Ich sage nur: "Senk ju fohr trewweling wiff Deutsche Bahn!". Auf meiner BleiBeere schlägt just, als ich diese Zeilen tippe, eine e-mail aus dem ZAG auf, es entspinnt sich ein e-mail-Kurzdialog, der die politische Klasse, die Fastenzeit und die freche Moderne auf einen Nenner bringt:
"Heiko, manchmal muß ich innerlich Abbitte leisten...ich hab ja gedacht: 'Jau, Heiko, selbst nüchtern voll, Naturbreit halt', als du gestern frugst, wie denn die Zentrumspartei in Hamburg mit WERNER BÖHM auf dem zweiten Listenplatz abgeschnitten habe. Fandsch witzig. Und im Hinterkopf blieb der Zweifel: 'Wenn aber nun am Ende.....?!?" Grade nachgegoogelt: Werner Böhm, Nummer 2 auf der Liste der 'Zentrumspartei'... Die Welt ist nicht genug, mein lieber Heiko, alter Verbrecher, die Welt ist noch verrückter als Stoffwechselprodukte..."
Als Antwort zitiere ich den Film, der neben Loriot die alte Bundesrepublik wie kein Zweiter erklärt, "Didi, der Doppelgänger" und antworte mit dem Kernzitat, das alles auflöst: "Ich mache keine Witze. Auf keinen Fall einen Witz machen, Immer!" (Bruno Koop). Und, ich habe recherchiert: Wendehals W. Böhm hat 46 Stimmen auf sich vereinen können. Da werden sich jetzt noch einige Leute auf den Friedhöfen von Dormagen und Wuppertal im Grab umdrehen. Verrückte, freche Moderne!
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| Immer noch ungelesene Bücher:
Fry, Stephen, "Paperweight", Zürich 1996 Gleba (Hg.), Kerstin und Schumacher (Hg.), Eckhard, "Pop seit 1964", Köln 2007 Henschel, Gerhard, "Kindheitsroman", Rezensionsexemplar, Hamburg 2004 Kraus (Hg.), Karl, "Die Fackel", Bd. 11, Nr. 834 bis 922. Mai 1930 bis Februar 1936, Frankfurt am Main 1976 Lanz, Peter, "Falco. Die Biographie", Wien 2007 Lottmann, Joachim, "Auf der Borderline nacht um halb Eins", Köln 2007
Rauscher (Hg.), Hans, "Die Bilder Österreichs. Ikonen unserer Identität", Wien 2006 Schwarz, Tanja, "der nächtliche skater. Erzählungen", Leipzig 2001 Spengler, Oswald, "Gedanken", München 1941 Strauß, Botho, "Kongreß. Die Kette der Demütigungen", München 1989 Unterberger, Andreas, "Österreich und jetzt? Gespraeche zum Nachdenken", Wien 2005 von Westphalen, Joseph, "Im diplomatischen Dienst", 9. Aufl., Muenchen 2004 Waechter, Friedrich Karl, "Die Reise", Zürich 1980 Wilde, Oscar, "Das Bildnis der Dorian Gray", Lepzig 1939 |
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Ich sitze also im ICE "Lale Andersen" nach Frankfurt/Main und summe gedankenverloren "Zucker im Kaffee" vor mich hin, die anderen schauen schon, und da fiel mir lauwarm ein: Hans Blum gelang mit "Zucker im Kaffee" (Interpret: Eric Sylvester) auch der Einstieg in südamerikanische Hitlisten..... ein Könner und Macher!... "und Zitrone oder Sahne in den Tee.... und im Herzen alle Tage lang amor, das ist wunderbar, Señor!". Herrlich. Das war noch Unterhaltung. Eine wahre Sternstunde deutscher Musikunterhaltung. Nie wieder wurde kafkaeske Traurigkeit so in südländische, ja fast nordhessische Lebensbejahung gegossen. Im Frühwerk Salvatore Adamos ist vielleicht Vergleichbares zu finden. Aber ich bin mir nicht ganz sicher! Ich erfreue mich an der Wahl des Kolumnentitels, es ist ein Zitat des hessischen Helmut Bergers, und ich konnte es vor 13 Ausgaben nur halbherzig einbauen, diesmal bekam dieses bahnbrechende Statement den Platz, der ihm gebührt.
Manche Dinge finde ich irritierend. Man kommt sich vor wie ein Vertriebener aus dem Paradies (*). Die alte, ungut verlaufene Apfelnummer. Es wurde ja viel über diese Dschungelshow von RTL geschrieben. Aber - und das ist mir völlig unverständlich - recht wenig über Bata Illic. Über seine Größe und menschliche Wärme - darüber muß man eigentlich auch in Qualitätszeitungen Worte verlieren. Diese Tour der beiden durch den Raushol!-Dschungel Australiens, eben mit zu gewinnenden rohen Eiern für's Abendessen, das war auf dem Gebiet das Größte und Ergreifendste seit "Lohn der Angst". Während ich darüber nachdenke, stört mich die brachial laut vorgetragene Meldung aus dem schlecht ausgesteuerten Bahnlautsprecher: "Machen sie bitte die Türen frei: Die Türen müssen auf jeden Fall zulaufen können..." Was soll denn das? Ja, sind wir denn ein U-Boot? Und was überhautp bedeutet: "Musik IM vino??? Wie geht denn "Musik im vino"?? Analog zu Musik bei Handkäs' mit Musik? Zwiebeln im Wein? Dieser Text gehört mal tüchtig dekonstruiert. Rohrer, hast Du Zeit?"
Während ich überlegte, diese Ausgabe mit ein paar hingeworfenen Sätzen zur einst in Düsseldorf stattgefundenen "6. Deutsche Meisterschaft im Austernöffnen mit DDR-Zuschauern der Vorwendezeit" zu beenden, kurz und erfolglos Franz Josef Wagner zu verteidigen, schwappt die aus Kölbe & Cöln gesteuerte Willi-Herren-Welle über mich. Und das ausgerechnet in der Fastenzeit. ;-) Just, als ich diese Kolumne zu einem Ende mit rotem Faden bringen will, schlagen hunderte begeisterte e-mails bei mir auf, die den neuen, sich selbst heilenden Willi Herren feiern.
Und zum Teil prägt der Boulevard dann bemerkenswert schöne Sätze, zum Beispiel den schönsten deutschsprachigen Satz seit "Den 20. ging Lenz durchs Gebirg": "In der Entzugsklinik my way Betty Ford soll der Sänger seine Drogensucht besiegen - doch schon in der Maltherapie gibt es die ersten Probleme."
Und weiter führt das ZAG Cölbe aus: Diese Worte, gesprochen als unglaublich dramatischer Off-Kommentar, "dazu Bilder von Willi Herren, im Idiotenkittel und mit wirrem Haar, wie er versucht, mit Wachsmalstiften zu zeichnen. Unglaublich." Wieso unglaublich? Das ist Köln, meine Damen und Herren. Diese Ausführungen machen mich lachen im Tunnel von Montabaur.... "Isch bin enä tickende Zeitbombää, isch muß weck!!!" Aber wie heißt es auf den Seiten der Klinik: "Darüber hinaus erhalten Sie auf Wunsch einen so genannten 'Zweitnamen', für den Umgang in der Klinik zu Mitarbeitern und Mitpatienten." Wie wäre es mit "Otze-Barracuda Pichelsheimer"? Oder "Viagra-Mike"? "Jimi Blue Schomberg"?? Eigentlich ein tragisches Schicksal, bei dem sich gemeinhin jegliches Amusemeng verbietet, aber wie nur sind die Aufnahmen, aus autotherapeutischen Gründen erstellt, wohl zu RTL gelangt.... anders gefragt: Was ist die wahre Sucht von Willi Herren? *sing * Strohrum in den Tee und Delfine oder Wale in die Spree, und im Erzgebirg' der Nase lang amor, das ist wunderbar, Señor..."
Vor dem Zubettgehen noch einen menschenverachtenden Selbstversuch OHNE KAMERA gestartet. Ich gab mir zur Beförderung eines Albtraums das unsagbar Böse. Beckmann. Beckmann ist eine dramatische Verletzung von Menschenrechten. Ein Land, das Beckmann liebt, hat die Vernichtung verdient. Schlecht geschlafen, am Morgen zeitnah Ausgabe 187 beendet, nachher Schwimmschule.
Herzliche Grüße aus dem Doofensumpf, Euer Schomberg (Inhaber diverser Zweit-, Dritt- und Viertnamen)
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(*) Heute: Republik Österreich.
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