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Das Fleisch machts!"Hat uns die Macht des Vielfältigen, die Bunte Liste der tausend Spleens und Richtigkeiten nicht unfähig gemacht, einem wie auch immer imaginären Ganzen gegenüber die exzentrische oder avantgardistische Stellung zu beziehen, durch die es erst Gestalt annimmt?" (Botho Strauß)
Es ist ja wohl ein einfaches, wenn ich schon keine Inhalte habe, kolumnenübergreifend alte CMA-Werbespbrüche zu verbiegen.... Am Montag habe ich das ganze pablik fjuing-Volk im ÖPNV wieder sehr gehasst! Wie hat es ein Kölner Fußballfreund so richtig ausgedrückt: "Sie tragen schwarz-rot-goldene Afroperücken, die so voluminös sind, dass sie damit beim Einsteigen in der Straßenbahntür stecken bleiben. Dann sitzen sie neben dir und verhandeln fachmännisch die Höhe des Sieges. Ihre mit Deutschland-Girlanden behängten Tussies himmeln sie dafür an und glauben, dass ihre Jungs echt Ahnung haben. Du bist froh, wenn sie unter der Kölnarena aussteigen und du noch 2 Stationen Ruhe hast; du denkst noch, es könnten auch der Papst oder Tokio Hotel in der Stadt sein, dann würden sie wenigstens die scharzrotgoldene Schmink-Sch***e weglassen". Dem ist wahrlich nichts mehr hinzuzufügen! Diese Event-Menschen haben doch überhaupt keine Ahnung vom Metafußball, vom tragisch-faustisch-deutschen Sport, kennen die Achtziger-Jahre nicht mehr, wissen mit Namen wie Dremmler, Jakobs, Förster, als Fußball noch kein "Event" war, nichts anzufangen. Geschichtslose Erlebnisjugend! Die können sich auch nicht mehr an den bahnbrechenden Slogan "Milch ist gegen Maroditis" (1970) erinnern.
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| Franz Josef Wagner zieht durch:
"Lieber Joachim „Jogi“ Löw,": "Nach wie vor bin ich aber auf der Suche nach seinem zweiten Gesicht. Ich hoffe es nicht zu finden, wenn wir Deutschen verlieren." [Text] "Liebe 'I wer’ narrisch' Österreicher,": "Ihr Österreicher seid damals wie heute blind. Ihr erkennt die Lage nicht. Ihr denkt, Deutschland zu besiegen ist das Größte. Wie klein." [Text] |
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Und überhaupt: Dieser völlig überschätzte Proletensport bereitet doch nur noch in den Amateurligen Freude! Und führt zu spannenden Koalitionen: 1.FC-Köln und Borussia-Mönchengladbach-Fans gemeinsam in einem Fanblock, um den SC Fortuna Köln anzufeuern. Auf der anderen Seite, beim Aufstiegsendspiel in K-Höhenberg, Sympathisanten des VfL Leverkusen und "Rent-a-Fan"-Bayer-Leverkusen-Anhänger, die sich sicher ein Loch in den Bauch gefreut haben, endlich mal aus vollem Halse "VfL! VfL!" rufen zu können, wie sie es aus dem Elternhaus und von den älteren Geschwistern kennen. Verrückte Moderne. Eigentlich behaupte ich ja immer, dass Humor beim Fußball falsch und fünftkolonnig ist, aber die titanic taz-Printausgabe war am Samstag recht amüsant und präsentierte Löws "Geheimtaktik" auf der Titelseite. Man kommt ja ohne diese analogen Medien doch nicht aus ;-)
Unlängst erwähnte ich auf der Tonspur ja dieses Buch: Martin Reichert, "Wenn ich mal groß bin. Das Lebensabschnittsbuch für die Generation Umhängetasche", Frankfurt / Main 2008. Amüsant, vieles ist leider nicht so falsch, in vielen Dingen kann man sich selbst aber schon ein sehr gesetteltes und erwachsenes Leben attestieren. Und dann, der Knaller: Fast alle hassen ihn, aber kaumt ein Autor kommt ohne ihn als Bezugsrahmen aus, auf Seite 50 heißt es: "Der Krawallschreiber Franz Josef Wagner*, BILD-Kolumnist, ließ zum Beispiel erstmals ein zutiefst menschliches Antlitz erblicken, als er in einem Artikel über seinen tragisch ums Leben gekommenen Schriftsteller-Freund Jörg Fauser bekannte, dass es bei ihm selbst leider nicht zum Schriftsteller gereicht habe und er deshalb Journalist geworden sei.". Und der Autor schätzt diese Ehrlichkeit zutiefst. Hach, der Artikel rockt aber auch!
Ehrlich sein. Am Samstag bekannte ich dann halböffentlich: Man muss neidlos (ist Humbug, es muss "neidvoll" heißen!) anerkennen, dass die Elftal recht erfreulich gegen die Pocke tritt. Zu mehr Anerkennung bin ich leider nicht fähig, aber von der Warte des "faustischen Metafußballs" kommt es einem Ritterschlag gleich. Wenn die nicht unerfreuliche Dinge im weiteren Verlauf erleben (Elfmeterschießen, uns - kämpferisch) dann haben wir hier wohl den kommenden, hüstel, Europameister gesehen. Manchmal ist die Wahrheit ganz einfach. Aber auch das sind Glaubensfragen...
Des Mittags dann mal kurz über die Kalker Hauptstraße flaniert, es ist Straßenfest in Kalk samt aller unerfreulicher Begleitumstände. Wenig elegante Menschen sind unterwegs und direkt vor unserem Haus hat man den Toilettenwagen positioniert; das alles wäre noch innerhalb erträglicher Parameter, hätte nicht der Bierstand und CD-Stand daneben ein glasklares Ziel: Das schreckliche Lied der "Ein Stern der über Deutschland steht" auf Teufelkommraus zur EM-Hymne zu machen! Und sei es dadurch, dass man dieses Nichtlied viermal in 30 Minuten abspielt. So etwas geht nur in Köln, in Marburg undenkbar, ach in ganz Deutschland, ohne den Abspieler wegen "seelischer Grausamkeit und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" nach Den Haag zu zitieren. Erwäge am Sonntag auf dem Straßenfest die Einnahme eines angemessen diätischen Snacks: Einen übergroßen Reibekuchen, in den eine grobe Bratwurst mit Senf gewickelt wird. Man muß sich volksnah jedoch avantgardistisch geben. Und um mich auf ein mögliches EM-Ausstiegsszenario vorzubereiten, erwarb ich am Bierstand vom S.C. Borussia 05 Köln-Kalk den korrespondierenden Vereinsschal. Er war Teil der Dekoration, mit Doppelklebeband über der Theke befestigt; ich erwarb ein Viertel Bierstanddeko für 10 EURO. Auf Asche wird auch Fußball gespielt. Graswurzel olé!
Heute Abend heißt es "Daumen drücken für die Bundesrepublik", Euer Tierfilmer & write-only Schomberg.
P.S.:
* "Ich, Franz Josef Wagner, komme aus einer Welt der Götter und Helden." [Quelle]
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