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Der lustige Inselbiergarten vor der Küste Afrikas: Teneriffa (I)... gemäß der Devise "Alles muss raus!" und "long time no see" komme ich nicht umhin, noch ein paar Beobachtungen, Fragen & Erlebnisse der Spätsommerfrische auf den Kanaren zu verwerten. Es fing schon mit dem Erkunden fremder Welten im Reisebüro (!) an. Wir entschieden, bei richtigen Menschen in einem Reisebüro die Pauschalreise (!!) zu buchen, nicht in diesem "Internet", und kamen uns wahnsinnig hip und abenteuerlich unmodern vor: Dinge anders tun, auch wenn sie einen auf fremdes Terrain leiten. Der erste Pauschalurlaub seit 1987.
Es entsponn sich u. a. folgender Dialog, der unterstrich, dass wir uns nicht auf dem Hometurf bewegten:
„Und, nehme ich dann am Flughafen einen Leihwagen oder ein Taxi zum Hotel?“
Der Reisebüroboy, sichtlich verwirrt: „???"
"Na, wie komme ich denn ins Hotel?"
"Ach so, da steht jemand von der Reiseleitung und sie werden mit dem Bus zum Hotel gebracht.“
„Ich muss mich also nicht um den Transfer kümmern?“
„Nein.“
„Ach so.“
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Das Beste war: Es hat auch alles problemlos geklappt mit dem Bustransfer: Verrückte Reiseveranstalter! War ich am Flughafen Köln noch überrascht, dass man als Reisender innerhalb der Europäischen Union 110 ("einhundertzehn") Liter Bier Kölsch kaufen darf, so stellte ich vor Ort sofort fest: England, Russland und Berlin müssen derzeit de facto menschenleer sein. Am ersten Abend versucht mich ein Koberer, oder wie man die In-Touristenfallen-Reinlocker nennen soll, von seinem schmierigen "Fun Pub" zu überzeugen. Ich ignoriere ihn geflissentlich. Er nennt mich einen "Coward". Auch das überhöre ich, denn ich bin im Urlaub und gewillt, mich auf Teufel-komm-raus zu entspannen. Das Gesicht jedoch merkte ich mir.
Nach drei Tagen, während denen ich mich intensiv der Muße, dem Nichtstun und der Beschäftigung mit "Software für Snobs" widmete, wurde ich meinem Poolamöbenstadium untreu und wagte den ersten Ausflug via Guagua in die alte und neue Hauptstadt des Inselbiergartens: Santa Cruz und La Laguna. Diese Ausflüge waren nett, aber reizarm. Die in den Reiseführern vorher erarbeiteten Programmpunkte konnten in beiden Städten innerhalb von sechs Stunden abgearbeitet und -laufen werden. Wir stellten ohnehin fest, dass von uns Pausschaltouristen niemand erwartet, dass man sich im Vorfeld mit dem Ferienziel auseinandersetzt und ich musste oft gegen den Impuls ankämpfen, nicht ständig die fehlerhaften Informationen unseres Reisejungens (kurzärmeliges Hemd mit Reiseveranstalterlogo, Krawatte) vor Ort aufzudecken. Imerhin konnte ich in Santa Cruz mein gefürchtetes Zehn-Wort-Spanisch einsetzen:
"¡Hola! Una cerveza local - Dorada – y un vino blanco, seco, para la señora por favor!"
"Dry or Semi-Dry?"
"Seco!"
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So ganz akzentfrei agiere ich wohl nicht. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass man dort kein castellano, sondern eher ein Spanisch wie in Lateinamerika spricht, alles zusammenzieht oder Buchstaben weglässt ("Gracia, Adio"). Also auch Festlandspanier verstehen nicht alles und der gemeine Canario schaut eher nach Südamerika als nach Madrid.
Nach zwei Tagen des süßen Nichtstuns - unterbrochen nur von der täglichen Happy Hour in der Poolbar von 16.00 bis 17.00 Uhr Ortszeit und Finalisierung des zweiten Buches - ging es zu den "Pyramiden von Güímar".
Bauern haben wohl Ende des 19. Jahrhunderts Steine übereinander gestapelt, um sie von den Feldern zu bekommen oder weil ihnen vom Saufen und Beten zu langweilig war. Später wurde dieser Pseudofund aus den Neunzigern des letzten Jahrhunderts total hochgejazzt.
Denn dann kam Thor "Ich hör' das Gras wachsen" Heyerdahl und behauptete 1990, dies sei eine alte Kultstätte der Guanchen. Und das "Ministerium für Nepp und Touristenfallen" hat direkt ein Ausflugsziel daraus gemacht. Und wir sind so doof und schauen es uns an. Ganz tiefenentspannt sage ich: Dann ist es halt so.
Im Museum der erste "Aufreger", wie es auf sportschaudeutsch hieße: Der Dame, die uns das Haus nahebringt, erst mal erklärt, dass die Theorien von Thor Heyerdahl nicht immer ganz "unumstritten" waren. Was fragt sie denn auch "Wer kennt Dr. Thor Heyerdahl?". In your face! Mir macht man nichts vor: Thor Heyerdahl und Reeder Fred Olsen: Das ist eine scharf zu beobachtende Norwegermafiaconnectionverbindung. Und doch - nach der Annäherung an die famosen Lokalprodukte - ein Gedankenblitz: Manchmal würde ich gerne eine Stufenpyramide aus Dorada-Bierdosten bauen. Ein Berliner Lehrer hält Pyramiden-Co-Referate. Schwieriger Mensch. Berlin halt.
Der Besuch im Teide-Nationalpark war, nicht zuletzt dank des intellektuellen Reiseführers, nicht nur für die Augen, sondern auch für den Kopf ein Genuss. Und bevor wir zum Fotoschießen und Rumkraxseln im Nationalpark abgesetzt wurde, bewies er die Gültigkeit des Konzeptes Köln – weltweit:
"Nehmen Sie keine Steine mit. Und wenn Sie ein Steinchen sehen, das Sie anlacht. Stecken Sie es nur ein, wenn ich es nicht sehe. Sonst müsste ich Sie beruflich melden. Und transportieren Sie es nicht im Handgepäck...“
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Das ist Meta-Köln! Auch hier - ganz in der Nähe Afrikas.
Nächste Woche erfahrt Ihr alles über Naturgewalten & die Kleinkunsthölle, Euer Schomberg.
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