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Ich bringe meinen Koffer nach Berlin...... und danach in den Kaufhof, da die Reisetätigkeit der letzten Wochen das Zahlenschloß geschrottet und ein Viertel Rollen blockiert hat. Ich bin sehr überrascht, allerdngs nicht positiv, dass bei einem Premiumprodukt von Rimowa der Verschleiß so schnell - nach siebeneinhalb Monaten - einsetzt. Egal. Naiverweise nahm ich an, dass bei einer innerkölschen Reklamation die Angelegenheit eine Sache von Tagen sei. Ich lernte, dass es volle vier Wochen dauert. Das bedeutet, dass ich volle vier Wochen lang keine prätentiösen und altersunangemessenen Rollkoffer-Instagram-Bilder veröffentlichen kann... Was bleibt dann noch? Lesen vielleicht.
Ich schlage ein Buch von Ole Joseph Roth auf, von 1923, dort steht: "In den Straßen spricht man Englisch, Französisch, Russisch & Jiddisch. Es gibt Stadtteile von Köln, die an Lemberg erinnern." Auch wenn nicht alles Gold ist, das in Köln nicht glänzt, so möchte ich aus dieser Stadt nicht mehr weg. Auch wenn die lokale Fernsehberichterstattung zum Davonlaufen ist! Unlängst, am "Tag des Regenwurms" zeigte die brutale "Lokalzeit", wie ein Rotkehlchen einen Regenwurm frisst. Erschütternde Bilder! Ich bin doch neu in der Frankfurter Schule. Aber wie schon der große englische Landschaftsmaler Walt Whitman sang: "Ich möchte ein Eisbär sein!" Während ich darauf noch rumdenke, hört man auf dem Weg zum Bahnhof Radiowerbung aus der Hölle: "Kinderkreativwerkstatt - Baut Euch unter Anleitung einen tollen Hocker! Da staunt der Osterhase." Ist schwierig, aber immer noch besser als die täglichen Nachrichten, die durchaus dazu angetan sind, die Stimmung nachhaltig einzutrüben. Seit 2011 hat sich einiges geändert. Sind Synapsenclowns doch lustig?! So lustig wie Kölns Bauvorhaben?
"Bauarbeiten am Kölner Rheinboulevard verzögern sich weiter." Ich bin ganz ehrlich: Mich überrascht es. Wirklich. Dass man ausgerechnet in der zweitältesten Stadt Deutschlands Erdfunde von archäologischer Relevanz macht, die die Bauarbeiten verzögern, hätte ich nicht erwartet. Die Wahlheimat macht es einem nicht immer einfach.
Meine Geburtsstadt schaffte es unlängst - unter der Prämisse "Borussia, Beuys & Bibelfest!" - in einen Artikel der ZEIT. Leider hat der Autor hier eher recht: "... dass Gladbach heute von vorne schlimmer aussieht als die meisten Städte von hinten." MG-Action-Town und der Tod von Ernst Jünger vor mehr als 18 Jahren: "Mit jedem dieser Sehr-Alten, deren Namen uns seit Jahrzehnten vertraut sind, geht mehr dahin als eine Person. Eine Zeit nimmt Abschied, die sich in ihnen verdichtete."
Ich höre traurige, dem heutigen Tag unbedingt angemessene Musik, ein Requiem jagt das nächste, und selbst beim zeitgleichen Lesen und Herausarbeiten von Querverweisen der Werke Henscheid, Gerhard, "Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bildzeitung", Berlin 2006, Schneider, Frank Apunkt, "Deutschpop halt's Maul. Für eine Ästhetik der Verkrampfung", Mainz 2015 und "Helge Schneider, "Orang-Utan Klaus. Helges Geschichten", Köln 2015 gelingt mir einfach kein rundes Ende dieser Ausgabe. Das Ziel war nicht: Erkenntnisgewinn. Das Ziel war: Abmoderieren. Es misslang. Dann ist es halt so. Wenigstens ist gestern das Care-Paket mit der Ahlen Wurscht aus Nordhessen angekommen. Man muss wieder lernen, die Rosen zu sehen.
Karfreitag - das wird ein laaaaaaaaaaaaanger Tag! Euer Schomberg.
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