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Zurück in die Zukunft IV: Lottmann, Kippenberger und Wagner!Einfach mal ein paar Sätze streichen, ein, zwei neue Links spendieren - und dann hat die Kolumne - nach elf Jahren - immer noch Bestand. Das ist simpel, denn ich denke ja häufiger über mögliche Kolumnentitel nach. Und nähere mich damit der Nervensäggrenze. Jedoch stehe ich damit nicht alleine da, wie ich der 1987er Veröffentlichung von Lügenbaron Sportfreund Joachim "Lotte" Lottmann entnahm, der es in "Mai, Juni, Juli" auf sage und schreibe 33 mögliche Buchtitel bringt.
Hach, dieses analoge Kopfverlinken, erst den Kippenberger-Ausstellungskatalog besorgt, nachdem ich mit dem ZAG herausfand, dass ich diese - profan ausgedrückt - Mischung aus Juppo Beuys und Schlingensief echt und tief geliebt hätte. Kippi, wie wir so sagen, war vor der von ihm verhangenen Fatwa eng mit Lotte Lottmann verquickt - leider spielt hierbei Zeltinger keine Rolle - und lungerte mit ihm in den Mttachtzigern in Kölle rum. Will sagen: Es gab also mal ein interessantes kölsches Kulturleben und -trinken in den Achtzigern, jenseits von BAP und der Südstadt. Und diesem nähere ich mich derzeit, wie so oft kaum zwanzig dreißig Jahre zu spät ...
Und ich habe ja manchmal auch krause Titel-Ideen, unlängst, bei einem Review stellte ich fest, dass ich folgenden Titel tatsächlich schon einmal verwendete: "Als ich einmal völlig ohne Sinn mehr als 30 Minuten in Siegen wartete, als ich von einer Tagung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes zurückkam". Wie so oft gilt: Die besten Geschichten schreibt das wahre Leben! Und nicht bei allen kulturellen Ereignissen in Köln komme ich 30 Jahre zu spät. [...] Und auch die Gespräche im ÖPNV sind gleich geblieben, vielleicht etwas grammatikreduzierter als 2006, oder anders gefragt: Wer versagt jetzt eigentlich bei der Wissensvermittlung an Kinder und Jugendliche: die Eltern, die Schule, die Kirche, die Politik oder die Sportvereine?
Ein älteres Beispiel hatte vor etwa 10 Jahren Thünnwart Tünnenson mitgehört:
Toller Dialog, den ich nahezu direkt - via Titanic - mitbekommen habe: Die Bildungsferne bildungsferner Schichten wie der heutigen Jugend ist mir bekannt. Aber manchmal bin ich dann doch überrascht, wenn ich Gespräche wie das folgende mithören muss. Zwei etwa Sechzehnjährige unterhalten sich in der U-Bahn über ein neues Computerspiel. Der erste stolz: »Die Franzosen hab ich vernichtet, die Dänen hab ich vernichtet, die Ungarn hab ich vernichtet.« Der zweite erstaunt: »Ey, was sind denn das alles für Leute?« Der erste: »Ja das sind halt so Völker!« Wichtig ist auf jeden Fall, das man überhaupt miteinander spricht und auch den Dialog mit Andersdenkenden pflegt! |
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Aber selbst das Biotop Südstadt (Köln!) ist gottseidank nicht mehr so gutmenschisch-bapesk wie früher, denn wir leben in einer mobilen und hochfragmentierten Gesellschaft, deren soziale Struktur sich total von der vor zwanzig Jahren unterscheidet. Naja, bedeutet natürlich auch, dass man in Kalk Menschen, die von der Haar- wie Barttracht CAFH ähneln, per se bedrohlich findet. Und das ist seit dem Herbst 2015 nicht besser geworden. Aber auch könn(t)en sich in 80 Prozent der Läden zu Kalk so großartige Miniaturen entspannen, genannt würde es dann "Dialoge an de' Dönerbud' (II)": "Merhaba!" "Tach Jong, watt willse'?" "Einen klitzekleinen Döner mit großem Jäger, bitte!" "Mit scharf?" "Nein, kein Hammel, nur ein bisschen Chili und 'nen großen Jäger!"
Auf Seite 102 von "Mai, Juni, Juli" (1987/2003) tritt dann - im Roman im Roman - zum ersten Mal Kippenberger auf. Doch Joachim Lottmann bleibt sehr zurückhaltend. Leider hatte er hier eine Schere im Kopf, etwas was Westernheld Wagner nicht kennt, denn in der "tempo" (sagt das noch Jemandem was?) führt er den Abend weiter aus: es handelt sich um eine Sauftour durch Köln, Kippenberger begrapscht 1000 Frauen, lässt sich volllaufen, grüßt mit "Deutschem Gruß", eröffnet mit Günter Förg in 'ner Bar spontan ein "Beleidigungsbüro" und beleidigt alles & jeden und besonders seine schwulen Galeristen, kokst sich die Rübe weg und so weiter und so fort ad infinitum. Leider gab es dann irgendwann 'nen tiefen Zwist zwischen Lotti und Kippe, und sie waren keine Kumpels mehr. Oder wie Lottmann das ausdrückt: "Martin Kippenberger sprach irgendwann eine Fatwa gegen mich aus. Dann starb der Kippenberger und konnte die Fatwa nicht mehr zurücknehmen, die bleibt nun lebenslang bestehen."
Kann das Rheinland verzeihen? Ich hoffe es sehr, werde ich doch irgendwann wieder mit CAFH Kippe in Düsseldoofi heimsuchen. Oder die documenta 14. Das ist diese Kirmeskunstschau in Hessen. Danach Schwimmschule mit Wondratschek. [...] Am Abend den Ton halten.
Manchmal hilft es nach hinten zu sehen & nicht auf Gedanken "zu warten", meint Euer Schomberg.
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